MANTRA YOGA
Dies kann jeder leicht nachvollziehen, wenn sie/er daran denkt, wie viel Hingabe es braucht, manche Hatha-Yoga-Übungen zu meistern bzw. wie schwierig die Beruhigung des Geistes wird, wenn das schmerzende Knie sich penetrant in den Vordergrund schiebt.
So ist es sinnvoll, diese gegenseitige Durchdringung bewusst einzusetzen, um die Yogapraxis zu inspirieren.
Prinzip und Wirkweise von Mantra Yoga
Unbestritten und wissenschaftlich bewiesen bewirkt Musik im Allgemeinen eine Deaktivierung des Mandelkerns im Gehirns, also eine Reduzierung der Angst, und trägt somit zur Steigerung der Lernfähigkeit und des körperlich-emotionalen Wohlbefindens bei. Genau dieses körperlich-emotionale Wohlbefinden ist auch eines der vordergründigen Ziele des Hatha Yoga.
Im Hatha Yoga wird oft von der erstrebenswerten Mühelosigkeit in den einzelnen Yogastellungen gesprochen. In der Praxis gestaltet sich das aber mitunter als schwierig, insbesondere wenn die Asanas länger gehalten werden.
Wenn man nun Hatha und Nada Yoga verbindet, d.h. in den einzelnen Yogastellungen Mantras rezitiert oder Kirtans gesungen werden – wohlgemerkt von außen, nicht durch den Yogaübenden – entsteht ein natürlicher Ausgleich zwischen Tun und Empfangen. Es stellt sich ein Gefühl des Getragenseins ein, das ein längeres und vor allem entspannteres Halten der Stellungen ermöglicht. Darüber hinaus wird es dem Geist schwerer gemacht abzuschweifen oder sich zu beschweren. Denn er wird abgelenkt vom eigenen Wollen, das die Yogapraxis ja nun doch oft mehr bestimmt als es sinnvoll wäre. Die Hinwendung vom Wollen zum Erfahren leitet die eigene innerliche Öffnung ein.
Berührung auf allen Ebenen
Eine Yogastunde sollte alle drei Ebenen unseres Seins berühren. Sie sollte:
- die körperliche Ebene berühren, indem sie unseren Körper stärkt, dehnt und flexibilisiert
- die mentale Ebene berühren, indem sie unseren Geist zur Ruhe bringt und klar werden lässt
- die emotionale Ebene, unser Herz, positiv berühren, weil nur so wirkliches Nachvollziehen stattfinden kann (Stichwort Belohnungszentrum im Gehirn = Lernzentrum).
Mantras als Werkzeug
Die Musik im Allgemeinen und die Mantras im Besonderen sind dafür ein wunderbares Werkzeug, weil sie den Mandelkern (Amygdala) im Gehirn herunter regeln und gleichzeitig das Wohlfühlzentrum aktivieren. Auch die Ausschüttung von Oxytocin (zentrales Hormon für Liebes- und Bindungsfähigkeit) wird verstärkt, das heißt, wir werden entstresst und können dadurch die Asanas länger und müheloser halten.
Das passend ausgewählte Mantra lenkt den Geist, die spirituellen Aspekte der Asanas werden ins Bewusstsein gerückt und die geistigen und energetischen Wirkungen der einzelnen Stellungen erhöht. Somit werden die tieferen Ebenen des Hatha Yoga leichter erfahrbar, indem der Geist sich mit dem Moment, mit dem, was jetzt gerade ist, auseinandersetzt.
Die von der Musik ausgelösten Emotionen sind sehr wertvoll. Sie helfen uns, die Erfahrung bis in unser Zellbewusstsein vordringen zu lassen, dort wo wirkliches Lernen sich manifestiert. Es ist aber sehr wichtig, dass wir die Musik nicht zur Berieselung einsetzen, sondern als Werkzeug zur Vertiefung der Praxis. Wenn wir einfach nur irgendeine Musik spielen, dann trägt uns das wieder weg von uns. Yoga ist aber ein Instrument zur Begegnung mit uns selbst.
Dabei spielt die Affirmation eine entscheidende Rolle als Verbindungsglied zwischen Asana und Mantra. Asana, Affirmation und Mantra sind aufeinander abgestimmt und bilden einen Dreiklang, der sich gegenseitig inspiriert.
(aus: Handbuch zur Mantra Yogalehrer-Ausbildung, © sundaram)